FOTO: KAPUZINER
Bruder Michael Wies
Wie hast Du Deine Berufung gefunden?
Ich war mit der franziskanischen Familie in Frankreich auf einer Sternwallfahrt nach Vezelay. Dort habe ich die Biographien der Heiligen Franziskus und Klara kennengelernt. Das hat mich ins Herz getroffen und mich nicht mehr losgelassen. Kennengelernt habe ich die Kapuziner über eine Fahrradtour. Dort gab es einen Flyer „Kar- und Ostertage zum Mitleben“. Es hat gefunkt. Danach habe ich mich auf einen inneren Such- und Glaubensweg begeben, um meine Berufung zu klären. Seitdem bin ich unterwegs in meinem persönlichem Abenteuer Ordensleben.
Warum Kapuziner?
Die Brüder leben nach der Regel des Heiligen Franziskus. Mir hat einmal ein Bruder gesagt: Wir leben und beten zusammen, aber gleichzeitig sind wir auch eine Gemeinschaft, die streitet. Mich hat diese Ehrlichkeit und Bodenständigkeit angesprochen. Wichtig ist mir auch der Kontakt zu den Mitmenschen. Die Kapuziner sind eine Ordensgemeinschaft des einfachen Volkes. Ihre Volksverbundenheit zeichnet sie aus.
Franz von Assisi?
Ein Heiliger, radikal in der Nachfolge Christi. Den Armen zugewandt, ohne Scheu vor den Mächtigen seiner Zeit. Wie er betete, was er schrieb, wozu er sich entschieden hat: er ist für mich Vorbild und Maßstab bis heute.
Was machst Du im Orden?
Mitten in der Innenstadt von Frankfurt am Main liegt unser Kapuzinerkloster Liebfrauen. Ich leite dort als Guardian die dortige Gemeinschaft. Zudem leite ich im Hauptberuf als Einrichtungsleiter den Franziskustreff. Meine Mitarbeiter und Ehrenamtlichen kümmern sich mit mir um arme und obdachlose Mitmenschen. Wir bieten ein reichhaltiges Frühstück und eine Sozialberatung für unsere Gäste an. Ein faszinierender Dreiklang: Kapuzinerkloster, Liebfrauenkirche und Franziskustreff. Außerdem halte ich Vorträge zum Thema Obdachlosigkeit, engagiere mich für Studierende im CV, und biete Beratungen an. Zudem arbeite ich in der Deutschen Kapuzinerprovinz in einigen Kommissionen und Arbeitsgruppen mit. Wohnungslosenhilfe, weltweiter Einsatz sowie Gebet und Alltag als Mitglied der Kapuzinergemeinschaft. Das erfüllt mich.
Was möchtest Du verändern in der Welt, in der Du lebst?
Ich möchte ein franziskanisches Zeugnis geben im 21. Jahrhundert. Immer wieder die Stimme erheben für die Mitmenschen am Rande der Gesellschaft. Und auch für die Mutter Erde: Es gilt, sie gut zu hinterlassen für kommende Generationen. Deswegen setze ich mich für die Bewahrung der Schöpfung ein.